Welchen kommunikativen Herausforderungen muss sich der Tourismus jetzt und in naher Zukunft stellen? Wie können KI-Tools und neue Social Media-Logiken auch in Zeiten personeller und finanzieller Engpässe implementiert werden? Wie gelingt es, präsent und glaubwürdig zu bleiben?
Unter der Überschrift „Trier spricht – Moderne Kommunikation für den Tourismus der Zukunft“ luden die Trier Tourismus und Marketing GmbH (TTM) und die Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier zum 4. Trierer Tourismustag ein. Rund 100 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis, Kultur und Verwaltung, Tourismuswirtschaft und Destinationsmanagement diskutierten über die Chancen zeitgemäßer Kommunikation und lernten dabei: Die innere Einstellung ist oft wichtiger als die Umsetzung kommunikativer und technischer Neuerungen.
Die Veranstaltung wurde von IHK-Hauptgeschäftsführerin Jennifer Schöpf-Holweck und Tourismusdezernent Markus Nöhl eröffnet. Beide betonten, dass der Tourismus zu den bedeutendsten Wirtschaftszweigen unserer Stadt gehöre, seine Kraft in vielen Bereichen aber erst im Zusammenspiel sichtbar werden lasse. Für die Kommunikation einer Stadt mit 2000 Jahren Geschichte sei es laut Nöhl von zentraler Bedeutung, authentisch zu bleiben.
„Wir wollen kein Disneyland, aber auch kein Museum werden. Wir wollen modern und zukunftsgewandt sein. Kommunikation ist hierfür ein ganz entscheidender Erfolgsfaktor.“ Schöpf-Holweck betonte, dass dies sowohl eine große Chance als auch eine Herausforderung darstelle. Die Trends und Entwicklungen veränderten sich rasant. Es sei wichtig, die richtigen Kanäle zu finden, um Menschen sinnvoll anzusprechen. Dafür brauche es qualifiziertes Personal und einen angemessenen Investitionsrahmen, um die Kommunikation auch finanzieren zu können. „Wir müssen die Trends und die digitale Kommunikation im Blick behalten. So können wir die Branche gemeinsam stützen und fördern.“
In ihrem Vortrag „Medium oder Message? Nachhaltigkeit und Ethik in der Tourismuskommunikation“ plädierten Fabian Frenzel, Professor für Sozialgeographie des Tourismus, und Michael Mießner, Juniorprofessor für Wirtschaftsgeographie (beide von der Universität Trier), dafür, sich nicht zu sehr von der Art des Mediums ablenken zu lassen. Die Botschaft bleibe auch in Zeiten smarter Algorithmen und KI-Technologien wichtig. Auseinandersetzen müsse man sich jedoch mit immer schwierigeren Konditionen, glaubwürdiges Nachhaltigkeitsmanagement beim Kunden zu platzieren.
Aber: Das immer noch „utopische Element der sozialen Medien, dass jeder mit jedem reden kann“, biete hier weiterhin große Chancen für kleine und mittlere Unternehmen, für Attraktionen in Randlagen oder für neue, noch unbekannte Freizeitangebote, gehört und gesehen zu werden. Die KI könne diese Chancen glücklicherweise nur eingeschränkt zunichtemachen, denn: „Trotz der Smartness der smarten Algorithmen sind KI-generierte Inhalte erkennbar langweilig und können nur Bestehendes wiederholen oder neu strukturieren. Sie können keine neuen Ideen entwickeln. Deshalb wird jede Message weiterhin Resonanz haben, wenn sie neue Ideen bietet – und im Prozess dieser Ideenentwicklung oder in ihrer Umsetzung können KI-Tools dann total hilfreich werden.“
Bei seinem Vortrag „SMART, SCHNELL, SICHTBAR: KI als Turbo für das Tourismusmanagement“ zeichnete Matthias Burzinski (destinetCHANGE) ein klares Bild davon, wie Künstliche Intelligenz die Branche verändern wird – ohne die Grundlagen guter Gästeerlebnisse aus den Augen zu verlieren: direkte Kommunikation und Vertrauen. Er zeigte, wie Gastgebende ihr digitales Profil so schärfen, dass sie in KI-gestützten Suchen sichtbar werden – von strukturierten, verlässlichen Daten bis hin zu dynamischen Inhalten. Zugleich betonte er die Notwendigkeit, zwei Welten zu verbinden: „KI-Nutzung wird sich bei Reisenden durchsetzen – nicht bei allen, aber bei vielen“, so Burzinski; entscheidend sei, „dass die Basis der KI-Reiseplanung vertrauenswürdige Daten sind“. Und: Auch analoge Kontaktpunkte bleiben relevant. „Man muss mehrere Kanäle bedienen: Es wird immer noch Menschen geben, die in Tourist-Informationen gehen. Das müssen wir einplanen – insbesondere, wenn es um das Thema Vertrauen geht.“
In ihrem Beitrag „VON NULL AUF VIRAL – Social-Media-Insights aus @DearTrier.de für den Moseltourismus der Zukunft“ zeigte Beatrice Linzmeier, Gründerin von @DearTrier.de, wie Reichweite heute entsteht: nicht durch Selbstdarstellung, sondern durch Dialog, Community-Aufbau und konsequentes Dranbleiben. In einer Aufmerksamkeitsökonomie zählt Content mit Mehrwert – basierend auf den drei Säulen #educate, #entertain, #inspire – und eine klare Haltung zur Zusammenarbeit in der Region. „Aufmerksamkeit ist ein wertvolles Gut geworden … Macht also euren Content immer so, dass er Usern einen Mehrwert bietet“, so Linzmeier. Ihr Plädoyer: weniger Konkurrenzdenken, mehr Verbündete – „Wir sollten nicht so sehr über Competition nachdenken, sondern vielmehr über das Gemeinsame – das Miteinander.“
Auch in diesem Jahr durfte ein Rückblick auf die umgesetzten und in Umsetzung befindlichen Projekte des im Trierer Tourismuskonzept genannten Maßnahmenkatalogs nicht fehlen. Für Yannick Jaeckert, Geschäftsführer der Trier Tourismus und Marketing GmbH, stand dabei vor allem das veränderte Gästeverhalten im Fokus, auf das man reagieren müsse: Touristinnen und Touristen buchten kurzfristiger, legten Wert auf individuelle Reiseerlebnisse und seien zunehmen digital unterwegs. Die richtige Ansprache sei deshalb ebenso wichtig wie die insgesamte Aufwertung der Innenstadt und ihrer Angebote, von der auch die Einheimischen profitierten. Als Beispiel nannte er das geplante Welterbe-Erlebniszentrum, die bauliche Aufwertung des Porta-Nigra-Vorplatzes oder den gerade neu eröffneten, verbesserten Abschluss des Saar-Hunsrück-Steiges in Trier.
Ein nachhaltiges Tourismuskonzept mit konkreten Zielen und Maßnahmen bildet ab Anfang des kommenden Jahres die Grundlage aller künftigen Aktivitäten. Digital setzt die TTM ab 2027 auf eine dann neu gelaunchte Website und hat bereits jetzt einen internen Leitfaden zum Einsatz von KI im Arbeitsalltag veröffentlicht. Die Einbeziehung der lokalen Bevölkerung, etwa durch Befragungen am Weinstand oder die quantitativ erheblich gesteigerten Reaktionen auf Kundenrezensionen über das Verkaufsportal GetYourGuide soll die Akzeptanz des Tourismus in der Stadtgesellschaft fördern und gleichzeitig wertvolle Impulse für die Weiterentwicklung des Angebots liefern.
In den sich anschließenden Workshops und Vertiefungsseminaren setzen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dann in drei Gruppen einerseits mit Kommunikationsstrategien für das eigene Unternehmen, mit dem praxisnahen und schnellen (Erst-)Einsatz Künstlicher Intelligenz oder mit Instagram-Hacks und kreativen Content-Ideen auseinander. Dabei zeigten Marie Ienco (Markenmut), Matthias Burzinski und Beatrice Linzmeier ihren Zuhörerinnen und Zuhörern, dass die Implementierung neuer Tools nur in einem zweiten Schritt eine technische Aufgabe ist. Viel wichtiger, so die Referentinnen und Referenten, sei die innere Einstellung, der Kulturwandel innerhalb des Betriebs.
Durch Kontinuität und Ausdauer sowie eine konsequente Zahlen- und Datenanalyse der abgesetzten Reels und Posts könne gezielt und reichweitenstark Sichtbarkeit geschaffen werden, auch ganz ohne Werbebudget, so Linzmeier. „Haltung schlägt Lautstärke“, hielt Ienco fest und nannte ebenfalls Dialogbereitschaft und Beständigkeit als wichtige Säulen der Unternehmenskommunikation. Für den Einsatz Künstlicher Intelligenz, beruhigte Burzinski, sei insbesondere das Lernen des richtigen Promptens von Bedeutung. Gleichzeitig wagte er einen Blick in die Zukunft: Wahrscheinich sei es, dass es immer spezifischere Assistenten und KI-Tools für unterschiedliche Berufe geben werde – was dann auch eine Arbeitserleichterung darstellen wird.
Mit rund 100 Expertinnen und Experten knüpfte der 4. Trierer Tourismustag an die erfolgreichen Veranstaltungen der vergangenen Jahre an. Der nächste Tourismustag ist am 4. November 2026 geplant.
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