„Ende August, wenn die Betriebsferien bei den großen Automobilherstellern vorbei sind, werden wir die Wahrheit sehen und erleben, wie es tatsächlich aussieht in der Branche.“
Dies ist die Einschätzung von Harald Hau, seit 2015 Geschäftsführer der Witte Bitburg GmbH und seit 1995 im Unternehmen. Wie GKN Driveline in Trier zählt auch die Witte Bitburg GmbH zu den klassischen Zulieferern. Auch wenn der Firmen-Slogan „Wir öffnen Türen“ lautet, kann sich das 126 Jahre alte Familienunternehmen mit Stammsitz in Velbert und 17 Standorten weltweit derzeit keinen blühenden Automobilsektor erschließen.
Alles, was Türen und Klappen antreibt
190 Mitarbeiter sorgen am Standort Bitburg dafür, dass täglich rund 200.000 hochtechnologisierte Kunststoffbauteile produziert werden. Witte ist auf Komplett-Schließsysteme spezialisiert. Dazu gehören Türgriffe ebenso wie Kamerasysteme für Front- und Heckklappen. „Wir produzieren alles, was Türen und Klappen antreibt“, so Hau.
„Im Moment haben wir noch eine stabile Auftragslage und Auslastung. Aber wir sehen die sinkenden Volumina in den Automobilwerken weltweit, die einbrechenden Exportzahlen in die USA, den verpassten Anschluss Deutschlands in der Elektromobilindustrie.“ Gefährlich werde es in diesem Zusammenhang unter anderem auch durch den Bau einer Mega-Fabrik für E-Autos in Ungarn, mit dem ein chinesischer Automobilhersteller erstmals einen Standort in Europa realisiert. „Unglücklicherweise kommen gerade viele schwierige Themen zusammen, die sich auf dem gleichen Zeitstrahl treffen.“
Hoher Grad an Automatisierung
Auf die Frage, was Witte Bitburg dem entgegensetzt, antwortet der 59-Jährige blitzschnell mit einem Wort: „Technologie!“ Und er schiebt nach: „Mehr bieten als die Mitbewerber, Alleinstellungsmerkmale in den Produkten schaffen, die Innovationskraft enorm steigern, schneller laufen.“ Insofern ist dem Geschäftsführer trotz schwieriger Rahmenbedingungen nicht bange um die Zukunft des Eifeler Witte-Standortes. Im Gegenteil: „Wir sind in Bitburg relativ hoch automatisiert, haben in den vergangenen Jahren enorm in diesen Bereich investiert. Das hilft in herausfordernden Zeiten wie diesen. Und ohne die Automatisierung wird uns der demografische Wandel um die Ohren fliegen.“
Unterstützung der Gruppe bei Produktentwicklung
Darüber hinaus sichere die Zweiteilung dem Bitburger Standort einen elementaren Vorsprung. Da gibt es zum einen die klassische Kunststoffproduktion, zum anderen das Technologiezentrum für Spritzguss. Mit dem Technologiezentrum verfügt das Unternehmen über ein Alleinstellungsmerkmal innerhalb des Konzerns. „2019 haben wir zaghaft damit angefangen. Inzwischen arbeiten etwa 50 Personen in dieser business unit“, erläutert Hau. „Sie beschäftigen sich mit höchst komplexen Kunststoffverfahren. Simulieren den kompletten Spritzguss-Prozess digital, geben den Ingenieuren der gesamten Witte-Gruppe Unterstützung bei der Entwicklung der Produkte.“
Neue Technologien werden zunächst in Bitburg getestet und realisiert, bevor sie im Konzern Anwendung finden. „Das Dezentrale, die Verbindung zwischen Entwicklung und knallharter Produktion ist Teil des Erfolgsrezeptes und der Grund, warum wir ein Stück schneller und pragmatischer unterwegs sind“, ist Hau überzeugt.
Funktionierende Infrastruktur und Planungssicherheit
Seine Einschätzung zur Zukunft des Unternehmens: „Wir werden weiter wachsen im Bereich Technologiezentrum. Das Produktionsniveau werden wir halten. Wir sind mit einer hohen Bandbreite an Innovationen für unsere Kunden da und dabei gut, vernünftig und abgesichert aufgestellt.“
Von der Politik wünscht sich der Witte-Geschäftsführer, dass sie sich hinsichtlich der Wirtschaft im Lande vorrangig für drei Dinge einsetzt: bezahlbare Energie, eine funktionierende Infrastruktur und Planungssicherheit.