Künstliche Intelligenz (KI) ist keine Zukunftsvision mehr, sondern konkrete Gegenwart. Die Querschnittstechnologie hat großes Potenzial. Sie bringt schon heute über die Wirtschaftszweige hinweg einschneidende Veränderungen. Mehr als 60 Prozent der Unternehmen wenden KI bereits an oder planen ihren Einsatz in den nächsten drei Jahren. Das zeigen die Ergebnisse der DIHK-Digitalisierungsumfrage.
Die neue Technologie birgt allerdings auch Risiken. Damit die EU-Mitgliedsländer hier die gleichen Schranken einziehen, hat die EU ein Gesetz zur Regulierung der künstlichen Intelligenz erlassen: den Artificial Intelligence Act, kurz AI Act. Er ist am 1. August in Kraft getreten. Hierbei gelten verschiedene Umsetzungszeiträume und Anwendungsfristen. Beispielsweise muss auch Deutschland bis zum 1. August 2025 eine nationale KI-Aufsicht benennen. Diese soll die Einhaltung des AI Act überwachen, Maßnahmen zur Förderung von Innovation und Wettbewerb erstellen und Reallabore errichten. Welche Elemente dabei aus Sicht der Unternehmen sinnvoll sind, hat die DIHK in einem Impulspapiererarbeitet.
Schlüssel für Wettbewerbsfähigkeit und digitale Souveränität
Unbedingt zu berücksichtigen ist, dass die Unternehmen bereits jetzt durch eine umfangreiche Regulatorik in vielen Bereichen belastet sind. Bürokratische Berichts- und Nachweispflichten oder "Gold Plating", also eine unnötig strenge Anwendung und Auslegung von EU-Vorgaben, würden "KI made in Germany" und innovative Anwendungen in den Betrieben hemmen. Eine innovations- und wirtschaftsfreundliche Ausgestaltung des AI Act in Deutschland ist daher unabdingbar, um die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe zu gewährleisten. Einen regionalen Flickenteppich wie bei der Umsetzung der europäischen Datenschutzgrundverordnung DSGVO, bei der die Aufsicht über 16 Bundesländer hinweg zersplittert wurde, darf es nicht geben.
Gemeinsame Aufsichtsbehörde statt unklarer Zuständigkeiten
Anstelle vieler einzelner Anlaufstellen sollte eine bundesweit zuständige KI-Aufsichtsbehörde als "One-Stop-Shop" für Unternehmen ausgestaltet sein. Eine EU-weit verbindliche und einheitliche Anwendung und Umsetzung schafft Rechtssicherheit für die Unternehmen und verhindert "Gold Plating". Gleichzeitig können effizient organisierte Prozesse und Strukturen für Vertrauen und Planungssicherheit bei den Betrieben sorgen.
Ebenfalls wichtig: Die Kontrollen sollten sich an der Risikoklasse der KI-Anwendung orientieren und die Genehmigungspraxis unter Einbezug von Wirtschaft und Verbänden stetig evaluiert werden. So lässt sich eine realitätsnahe und innovationsfreundliche Ausgestaltung der nationalen Behörde erreichen, die eine Balance zwischen Kontrolle, Förderung und Unterstützung herstellt. Darüber hinaus ist eine wirtschaftsnahe und digitale Ausgestaltung der KI-Reallabore relevant: In solchen "Sandboxes" können bestimmte KI-Systeme für einen begrenzten Zeitraum erprobt werden. Für eine breite innovationsfördernde Wirkung ist ein möglichst unbürokratischer Zugang wichtig – insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen sowie Start-ups sind niedrige Hürden und ein von der Unternehmensgröße unabhängiger Zugang entscheidend.
Erfahrene Kandidatin: die Bundesnetzagentur
Aktuell stehen verschiedene Optionen für die Umsetzung der KI-Aufsicht in Deutschland zur Debatte, wobei bereits vielfach die Bundesnetzagentur (BNetzA) ins Gespräch gebracht wurde.
Aus Sicht der deutschen Wirtschaft sprechen einige Argumente dafür, die BNetzA mit der Aufgabe der nationalen KI-Aufsicht zu betrauen. Sie kann an bisherige Erfahrungen anknüpfen, als zentrale Ansprechbehörde fungieren und damit eine bundesweit einheitliche Auslegung gewährleisten. In der Vergangenheit hat sie dies bereits mit der Aufsicht über Unternehmen in anderen Bereichen unter Beweis gestellt, unter anderem in der Telekommunikation sowie im Strommarkt.
Innovation, Umwelt, Energie
Christian Kien
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