01.12.2005
Eltern bevorzugt
IRT-Regionalkonferenz in Prüm zum Thema Familie und Beruf
"Familie bringt Gewinn" - so lautete das Motto
bei der Konferenz "Region Trier im Dialog" am Donnerstag, 20.
Oktober, im Kongresszentrum Prüm. Gastgeber, wie alle zwei Jahre: die
Initiative Region Trier (IRT).
Wie familienfreundlich ist die Region Trier? Wie gut
lassen sich dort Kind und Karriere unter einen Hut bringen? Wie steht es um
Betreuungsangebote, Kindergartenplätze, Ausbildung?
Die Antwort: Nicht schlecht, wenn es nach dem in der
Schweiz angesiedelten Prognos-Institut geht. Im dort entwickelten "Familienatlas 2005",
der alle 439 deutschen Landkreise und kreisfreien Städte umfasst, schneidet die
Region insgesamt recht gut ab, wie Deutschland-Direktor Mathias Bucksteeg bei
der stark besuchten Konferenz im Prümer Kongresszentrum berichtete.
Dennoch bleibt viel zu tun - "nicht stehenbleiben,
sondern sehen, wo wir besser werden müssen", gab Arne Rössel,
Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Trier (IHK), die Richtung
vor. Zumal Familie und Beruf als Konferenzthema "an Aktualität und
Dringlichkeit kaum zu überbieten sind", wie Richard Auernheimer,
Staatssekretär im Mainzer Arbeitsministerium, es formulierte. "Wir sind
nicht nur das Land mit der höchsten Kinderlosigkeit, sondern auch das Land, in
dem die wenigsten Frauen berufstätig sein können."
Mehr Kinder braucht also das Land - und zugleich mehr
Frauen, die auch als Mütter einer beruflichen Tätigkeit nachgehen können, und
das nicht allein auf dem Niedriglohnsektor.
Besser auf
die Bedürfnisse von Familien eingehen
Denn der demografische Wandel werde Gesellschaft und
Arbeitsmarkt in spätestens fünf Jahren einholen, wie Bucksteeg erklärte. Die
Konsequenz: Fachkräfte werden Mangelware, und immer mehr - gut ausgebildete -
Frauen werden ins Berufsleben einsteigen oder nach der Erziehungsphase
zurückkehren wollen. Und, so eine überraschende Erkenntnis der Prognos-Analyse:
Die Unternehmen werden sich mehr und mehr danach richten, wo junge Familien mit
Kindern leben und sich wohlfühlen, denn dort finden sie auch ihre Mitarbeiter.
Allerdings nur, wenn die Betriebe auch auf die
Bedürfnisse der Familien eingehen - zum Beispiel durch neue Arbeitszeitmodelle.
Martina Josten vom Institut für Mittelstandsökonomie und Projektleiterin der
Landes-Initiative "ZeitZeichen", berichtete von der immer wieder
gestellten Forderung nach einer Flexibilisierung der Arbeitswelt - dabei
geschehe dies gerade in der Region schon in vielen Betrieben. "Es gibt,
gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen, viele good-practice-Beispiele.
Die werden nur nicht kommuniziert."
Beispiele
aus der Region
"Man muss den Frauen mehr Möglichkeiten
bieten", forderte Richard Groß, Landrat im Kreis Trier-Saarburg, beim
Hauptpunkt der Konferenz, der von Dieter Lintz (Trierischer Volksfreund)
moderierten Diskussionsrunde. In Trier-Saarburg zum Beispiel besteht in jeder
Verbandsgemeinde das Angebot, qualifizierte Tagesmütter zur Betreuung des
Nachwuchses anzuheuern.
Und im Industriegebiet Trier-Nord, berichtete
Hans-Hermann Kocks, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer (HwK), entstehe
derzeit ein regelrechtes Vorzeigeprojekt in Kooperation zwischen HwK, IHK und
den dort angesiedelten Betrieben: Ein Kinderhort in Selbsthilfe der
Unternehmen. "Wir müssen selbst etwas auf die Beine stellen",
forderte Kocks, "und nicht immer auf den Staat warten."
Vor allem aber, so eine weitere Forderung von Matthias Bucksteeg: Das Thema Familie "sollte endlich einmal nicht als Problem diskutiert werden. Für mich ist das die einzige Lebensform. Aber wenn sie in Deutschland schwanger werden, sind sie ein Fall für die Personalabteilung. Bei Prognos sind sie ein Fall für den Chef - dann wird nämlich erst einmal eine Flasche Sekt aufgemacht."Bevor jedoch die nächste Flasche entkorkt wird, bleibt viel zu tun für die Regional-Akteure. Die Zusammenkunft endete deshalb auch mit einer klaren Handlungsanweisung: "Stärken ausbauen - das ist das Stichwort", sagte Hans-Hermann Kocks, und endete mit einem Vorschlag: "Wir haben in der IRT eine Menge von Arbeitskreisen - warum nicht auch einen Arbeitskreis Familienfreundlichkeit gründen?" Für Arne Rössel steht unterdessen fest, dass der Standort-Faktor "Familie" künftig in der Vermarktung der Region noch deutlicher herausgestellt werden muss. Auch er setzt auf Eigen-Initiative: "Es kann nicht immer alles perfekt geregelt sein. Wenn wir darauf warten, verpassen wir die Zeit."