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02.12.2019

Plädoyer für Erfahrung aus kaufmännischer Praxis


Dieser Text ist vom 02.12.2019 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Langjähriger Vorsitzender der Kammer für Handelssachen betont Bedeutung des Ehrenamts

Rund 25 Jahre war Eberhard Speicher, Vorsitzender Richter am Landgericht, für die Kammer für Handelssachen (KfH) zuständig. Zunächst als Stellvertreter, später als Vorsitzender. Zuletzt hatte er den Vorsitz der beiden Kammern für Handelssachen am Landgericht Trier. Seit November genießt er nun seinen wohlverdienten Ruhestand. Seine Nachfolge übernimmt der Richter Dr. Andreas Klein.

Herr Speicher, welche Fälle werden vor der Kammer für Handelssachen verhandelt?
Die KfH verhandelt ausschließlich wirtschaftsrechtliche Fälle, und zwar bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) als „Handelssachen“ definiert. Voraussetzung ist allerdings,
dass der Kläger oder der Beklagte die Verhandlung vor der Kammer für Handelssachen ausdrücklich beantragt. „Handelssachen“ sind Zivilrechtsverfahren, für die das Landgericht sachlich zuständig
ist, also vor allem Rechtsstreitigkeiten mit einem Streitwert von über 5000 Euro gegen einen eingetragenen Kaufmann sowie Rechtsstreitigkeiten zwischen den Mitgliedern einer  Handelsgesellschaft und Wettbewerbsstreitigkeiten nach dem UWG.

Weshalb werden in der KfH ehrenamtliche Handelsrichter eingesetzt?
Die Kammer für Handelssachen entscheidet grundsätzlich in der Besetzung mit einem Berufsrichter als Vorsitzendem und zwei ehrenamtlichen Handelsrichtern. Anders als etwa die Schöffen in  Strafverhandlungen oder beim Arbeits- oder Sozialgericht tragen die Handelsrichter – als einzige Gruppe der ehrenamtlichen Richter – in der Verhandlung die schwarze Richterrobe. Zudem nehmen die Handelsrichter an den mündlichen Verhandlungen und Abstimmungen mit den gleichen Rechten
wie der Vorsitzende teil. Der Einsatz von ehrenamtlichen Handelsrichtern bei der KfH ist in dem bereits 1879 in Kraft getretenen Gerichtsverfassungsgesetz geregelt. Zweck der gesetzlichen Regelung war, dass den Unternehmen durch die Mitwirkung erfahrener Kaufleute ein Spruchkörper mit der notwendigen
wirtschaftlichen Expertise zur Verfügung stehen sollte, und zwar vor allem bei der Feststellung von Handelsbräuchen (§ 346 HGB). Handelsbräuche spielen jedoch heute keine nennenswerte Rolle mehr, so dass es beachtliche Bestrebungen gibt, auf ehrenamtliche Handelsrichter zu verzichten, zumal in den letzten Jahren bundesweit ein Rückgang der Verfahrenszahlen der KfH zu verzeichnen ist. Die Ursachen für diesen Rückgang sind vielfältig.

Wie wichtig sind aus Ihrer Sicht Handelsrichter für die Verhandlung?
Die besseren Argumente sprechen nach meiner Meinung grundsätzlich nicht nur für eine Beibehaltung, sondern sogar für eine Stärkung der Institution Handelsrichter. So würde etwa eine mit drei Berufsrichtern und Handelsrichtern besetzte Kammer für Handelssachen – anstelle der bisherigen faktischen Einzelrichterprinzips – die Qualität der Rechtsprechung stärken und gleichzeitig den Prozess der Entscheidungsfindung beschleunigen, ohne dass hierbei auf den wirtschaftlichen Sachverstand der kaufmännischen Praxis verzichtet werden müsste.

An wie vielen Verhandlungen pro Jahr sind ehrenamtliche Handelsrichter beteiligt?
Beim Landgericht Trier werden im Beisein der Handelsrichter zurzeit nur noch etwa 20-25 Fälle pro Jahr verhandelt. Der weit überwiegende Teil der Verfahren (circa 80 Prozent) wird hingegen mit Zustimmung
der Parteien von dem Vorsitzenden alleine als „Einzelrichter“ entschieden, was letztlich zu einer Aushöhlung des bewährten Kammerprinzips führt. Ursache hierfür ist vor allem die  gerichtsorganisatorische Belastungssituation („Richtermangel“). So hatte ich stets neben dem Vorsitz der beiden Kammern für Handelssachen gleichzeitig noch den Vorsitz in einer anderen Kammer.

Gibt es eine bestimmte Verhandlung im Beisein der Handelsrichter, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Von den zahlreichen Fällen, die ich mit meinen Handelsrichtern verhandelt habe, sind mir noch etliche interessante Verfahren in guter Erinnerung. So etwa die Verfahren wegen der (unzulässigen) Bezeichnung veganer Produkte, etwa als „Käse“ oder „Veierlikör“. Vor allem fällt mir jedoch ein Verfahren ein, in dem einer der beiden Handelsrichter, der zwischenzeitlich leider verstorben ist, seine praktischen
Erfahrungen aus dem Transportbereich in sehr engagierter Weise in die Vergleichsverhandlungen
einbrachte, und letztlich durch sein Mitwirken eine einvernehmliche Regelung herbeiführte. Dies ist letztlich auch ein Beispiel für die Wichtigkeit der Handelsrichter.

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