Sprungmarken zu den wichtigsten Seitenabschnitten


Suche Hauptnavigation A-Z Übersicht Hauptinhalt Servicelinks


IHK Trier


Seitenkopf

Seitenhauptinhalt

01.06.2018

Neue Wege zur Gewinnung von Auszubildenden


Dieser Text ist vom 01.06.2018 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Immer mehr Unternehmen bilden Studienabbrecher aus

Immer mehr Unternehmen aus Industrie, Handel, Gastgewerbe und der Dienstleistungsbranche in der Region Trier übernehmen Studienabbrecher in eine Ausbildung. Damit beschreiten sie neue Wege bei der Gewinnung von Auszubildenden und reagieren gezielt auf die weiter rückläufigen Bewerberzahlen. Dies ergab (2017) eine Online-Umfrage der Industrie- und Handelskammern bei 1900 ausbildenden Betrieben im Land. Die Gründe der Studienabbrecher, sich für eine Ausbildung zu entscheiden, sind vielfältig: Viele von ihnen sehen darin die Möglichkeit, durch eine verkürzte Ausbildung schnell zu einem anerkannten Abschluss zu kommen. Auch Zusatzqualifizierungen während der Ausbildung wie der Erwerb von Sprachkenntnissen sowie Karriereperspektiven durch eine anschließende höhere Berufsbildung, etwa zum Meister, Fach- oder Betriebswirt, empfinden viele von ihnen als erstrebenswert.

Mit Fachkompetenz in die Ausbildung
Richard Hauser (28) ist ein Studienabbrecher, der diesen Weg gegangen ist. Nachdem er einige Semester Betriebswirtschaft an einer Hochschule in Nürnberg studiert hatte, wurde für ihn zur Gewissheit, was er zwar längst geahnt hatte, aber nicht wahrhaben wollte: „Das Studium war es nicht.“ So verschlug es ihn in die Beratung der IHK Trier. Mit Hilfe von IHK-Ausbildungsplatzvermittlerin Petra Scholz fand er eine Ausbildungsstelle bei der Parts Europe GmbH in Wasserliesch. Dort absolviert er seit November 2016 eine verkürzte Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel. „Für ihre schnelle und unbürokratische Hilfe bin ich Frau Scholz noch heute dankbar“, betont Hauser.
Seine Motivation, sich für eine Ausbildung zu entscheiden, erklärt er so: „Ich habe festgestellt, dass ich einen klar strukturierten Tagesablauf mit praktischen Aufgaben und realen Aufträgen brauche. An der Universität gibt es diese festen Strukturen nicht und man muss sich selbst organisieren.“ Ebenso deutlich sagt er aber auch: „Ohne die Möglichkeit, die Ausbildung verkürzen zu können, hätte ich den Ausbildungsvertrag nicht unterschrieben.“
Auf die Frage, welchen Vorteil er für die Parts Europe GmbH sehe, ihn trotz (oder gerade wegen) seines Studienabbruchs auszubilden, antwortet Hauser: „Aufgrund meines betriebswirtschaftlichen Vorwissens habe ich eine Fachkompetenz mit in die Ausbildung gebracht, über die junge Schulabgänger einfach noch nicht verfügen können. Wenn ich überlege, wie ich mit 18 war, finde ich, dass ich heute über weitaus mehr Gewissenhaftigkeit und Flexibilität verfüge.“ Im Laufe der Jahre sei er gereift, sagt der angehende Kaufmann im Groß- und Außenhandel, habe dadurch eine höhere Reflexionsfähigkeit erworben und sei auch kritikfähiger als vor zehn Jahren. Außerdem sei er schon zu einem frühen Zeitpunkt seiner Ausbildung in der Lage gewesen, selbstständig zu arbeiten, ohne dass ihn jemand kontinuierlich kontrollieren musste. Das Vertrauen, das ihm dadurch entgegengebracht wurde, habe ihm gut getan und ihn weiter „wachsen und reifen“ lassen.

Nicht bei Null anfangen
Valentin Bulling, Ausbildungskoordinator bei der Parts Europe GmbH, kann dies nur bestätigen – auch aus eigener Erfahrung heraus: „Nach meiner Schulzeit habe ich zuerst Jura studiert, was sich sehr schnell als Fehlentscheidung erweisen sollte. Ich habe mich danach zwar nicht für eine Ausbildung entschieden, sondern für ein BWL-Studium, das ich auch abgeschlossen habe. Ich kann also bestätigen: Ein Studium verändert einen Menschen in vielerlei Hinsicht. Insbesondere die Fähigkeit zum eigenverantwortlichen Arbeiten und die Kompetenz, Sachverhalte zu durchdringen und aus mehreren Blickwinkeln heraus zu analysieren, werden im Studium gefördert. Auch blickt man viel klarer auf sein Leben – unabhängig davon, ob man das Studium abschließt oder nicht.“
Über seinen Auszubildenden sagt er, Hauser sei ein Glücksgriff gewesen. Sehr schnell habe man im Unternehmen erkannt, dass er selbst einen hohen Anspruch an seine Ausbildung stelle und bereit sei, Verantwortung zu übernehmen. Aufträge liefere er in hoher Qualität und zum gewünschten Termin ab. „Mit ihm mussten wir halt nicht von Null anfangen, sondern konnten auf soliden Grundlagen und Basisfertigkeiten aufbauen.“
Die Aussagen der Parts Europe GmbH decken sich weitgehend mit den positiven Erfahrungen anderer Unternehmen: Mit Studienabbrechern ein Ausbildungsverhältnis einzugehen, ist eine win-win-Situation für beide Seiten. Allerdings stehen Ausbildungsbetriebe damit auch vor der Herausforderung, keine „Zwei-Klassengesellschaft“ in ihren Unternehmen zu etablieren. Jetzt gilt es, eine Brücke zu schlagen zwischen den jungen Auszubildenden, die „frisch“ von der Schule kommen und nicht verloren gehen dürfen, und den „erfahrenen Hasen“ von der Universität. Es bleibt spannend in der dualen Ausbildung.


Seitenfuß