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01.07.2021

Industrie-Motor läuft auf Hochtouren


Dieser Text ist vom 01.07.2021 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Produzierendes Gewerbe treibt die Wirtschaft in der Region Trier an

Dank ihrer Innovationskraft und einer hohen Nachfrage nach ihren Produkten ist die Stimmung in weiten Teilen der regionalen Industrie blendend. Fast jedes zweite Unternehmen meldet mehr Aufträge als im Durchschnitt. Wir werfen einen Blick auf drei Global Player auf der Erfolgsspur.  

Mit Höchstgeschwindigkeit in die Zukunft: Tesla brennt für die Beschleunigung des Übergangs zu nachhaltiger Energie. Innerhalb weniger Jahre wurden revolutionäre Strategien und Produkte entwickelt und erfolgreich auf den Markt gebracht. Das ist nur möglich dank der großen Begeisterung und Identifikation der Mitarbeiter, der hohen Geschwindigkeit in der Umsetzung von Prozessen und Projekten sowie überdurchschnittlicher Innovationskraft und Effizienz.
Dieser Geist ist auch in Prüm spürbar, wo mit der Tesla Automation GmbH eine Tochter des US-Konzerns beheimatet ist. Mit insgesamt rund 1300 Mitarbeitern ist sie Teil der Erfolgsgeschichte von Tesla. Ihr Fokus liegt auf der Entwicklung und Herstellung von innovativen, hochautomatisierten Produktionssystemen, die an allen Tesla-Produktionsstandorten eingesetzt werden.
Um solche innovativen Produktionsanlagen schnellstmöglich realisieren zu können, verfügt Tesla Automation über eine sehr hohe eigene Fertigungstiefe. „Wir können solche Anlagen im Vergleich zu den meisten anderen Maschinenbau-Unternehmen häufig mehr als doppelt so schnell entwickeln und realisieren“, sagt Geschäftsführer Lothar Thommes. Die Technik wandelt sich so rasant, dass die Produktionsanlagen mit neu entwickelten Maschinen und Prozessen diesem Fortschritt permanent Sorge tragen müssen. Denn Tesla treibt den Wandel von konventionellen Fahrzeugantrieben zur E-Mobilität mit ungeheurer Kraft und Geschwindigkeit an.

Stütze in der Coronakrise
Wie stark die Industrie von Innovationen getrieben ist und wie stark die Industrie die gesamte Wirtschaft antreibt, zeigt Tesla Automation damit exemplarisch. Während andere Branchen von der Coronakrise hart getroffen wurden und auch für die nächste Zukunft wenig optimistisch sind, kann sich die Industrie in der Region Trier vor Aufträgen vielerorts kaum retten. Die Auslastung ist hoch, das Exportgeschäft gut, ebenso die Perspektive für 2021.  
Damit hat sich die Industrie in der Krisenzeit als Motor erwiesen. Dass die hiesige Unternehmenslandschaft kleinteiliger und deutlich heimatmarktorientierter ist als im Landesschnitt, schirmt die regionale Wirtschaft stärker von außenwirtschaftlichen Schocks ab. Im Ganzen kam sie daher bislang glimpflich durch die Krise. Sogar während des Lockdowns hat sich das Konjunkturklima leicht erholt, wie unsere Umfrage zeigt (siehe Seite 16).
„Gerade in Krisenzeiten werden Innovationen gebraucht“, sagt Thommes. Unabhängig von Konjunkturlagen ist das Unternehmen stetig gewachsen. 1983 unter dem Namen Grohmann Engineering gegründet, firmiert es seit Anfang 2017 unter Tesla und hat sich seit dieser Zeit fast verdoppelt. Inzwischen entwickelt das Unternehmen ausschließlich für Tesla Produktionsanlagen zur Herstellung von Elektrofahrzeugen und deren Komponenten sowie Stromspeicher- und Photovoltaikanlagen.

Minifabrik für Impfstoffe aus Prüm

Darüber hinaus beliefert Tesla Automation weitere Auftraggeber mit Anlagen zur Herstellung von Speicherchips sowie mit einem Produkt, das helfen könnte, die Corona-Pandemie zu besiegen: Für die Tübinger Biotechfirma CureVac hat Tesla Automation einen mRNA-Printer entwickelt. Eine mobile „Minifabrik“, die überall auf der Welt zum Einsatz kommen könnte, um vor Ort Impfstoff herzustellen.
mRNA-Vakzine transportieren eine Art Bauanleitung für einen Baustein des Virus. So können die Zellen diesen selbst herstellen, was die Bildung von Antikörpern und Abwehrzellen gegen dieses Virus anregt. Zudem können mit seiner Hilfe verschiedenste Arzneimittel hergestellt werden, die auf RNA basieren, schließlich wurde er ursprünglich zur Bekämpfung von Krebs entwickelt. Eine revolutionäre Idee, die die Lösung für viele Krankheiten bedeuten könnte.
Der kontinuierlichen Geschäftsentwicklung begegnet Tesla Automation mit einem physischen Wachstum. Im März entschied sich das Unternehmen für einen zweigeschossigen Erweiterungsbau am Standort in Prüm mit fast 20 000 Quadratmetern Fläche, unmittelbar angrenzend an das Hauptgebäude. In kürzester Zeit erhielt das Unternehmen die Baugenehmigung, für August ist bereits der Einzug geplant. Wie im Zeitraffer ziehen die Bauunternehmen die neue Produktionsstätte hoch. Zwar bekommt man auch in Prüm den Rohstoffmangel am Markt zu spüren, ausbremsen lässt sich das Unternehmen hier aber nicht.
Die Mitarbeiter ziehen alle an einem Strang und ermöglichen ein hohes Tempo, lobt Thommes. Die Ausbildung sei ein weiterer Schlüssel zu einer erfolgreichen Zukunft. Mehr als zehn Prozent der Mitarbeiter seien Auszubildende oder duale Studenten. Zusammen mit den langjährigen Kollegen bildeten sie die ideale Mischung aus Erfahrung und der Begeisterung für neue Ideen – und auch für das weitere Wachstum. „Wir haben tolle Mitarbeiter mit Passion!“, sagt der Geschäftsführer.
Kommunikation ist ein entscheidendes Element für Problemlösung und Innovation. Die Räume sind offen, die Büros großflächig und hell.
Ganz klar, der Name Tesla zieht. Viele neue Mitarbeiter nehmen weite Strecken auf sich, um hier zu arbeiten. Doch nicht alle entscheiden sich dafür, ihren Lebensmittelpunkt in die Eifel zu verlegen, berichtet Thommes.

Region braucht neue Zukunftsvision

Ein wesentlicher Grund dafür seien infrastrukturelle Defizite in der Region. Zum einen fehle es an der digitalen Infrastruktur – dies habe sich gerade während der Pandemie mit Blick auf die notwendigen Homeoffice-Arbeitsplätze besonders gezeigt. „Die Digitalisierung ist ein Schlüsselthema!“ Zum anderen fehle es an Freizeitmöglichkeiten, Kultur, Kulinarik und insbesondere an Wohnimmobilien und einer besseren ärztlichen Versorgung, also in Summe an einem attraktiven Umfeld im Privaten.
„Wir haben viele tolle, innovative Unternehmen hier in dieser Region. Aber der Fachkräftemangel wird deren Weiterentwicklung künftig hemmen“, sagt Thommes. Um der demografischen Entwicklung entgegenzutreten, benötige man ein ansprechendes Umfeld, damit der regionale Nachwuchs in der Region bleibe und zusätzlich Menschen von außerhalb hier sesshaft würden.
Die Region als Ganzes brauche eine völlig neue Zukunftsvision mit ambitionierten, konkreten Zielen, müsse nachhaltige Geschäftsideen pushen, überregional denken und kooperieren. „Wenn die Region ihre Defizite aufholen will, muss sie eine Vorreiterstellung einnehmen und gleich mehrere Schritte auf einmal gehen. Sonst bleibt sie auch weiterhin hinter anderen Regionen zurück.“
Damit Deutschland seine gute Position als Industriestandort nicht an andere Länder verliere, müsse es sich dringend entbürokratisieren. „Wir brauchen kurze Entscheidungswege und Rahmenbedingungen, die eine schnellere Umsetzung von Innovationen ermöglichen.“

Mehr als 38 000 Beschäftigte
Denn: „Die Industrie ist der zentrale Innovationstreiber in unserer Region und Garant für Wertschöpfung und Beschäftigung“, sagt Dr. Matthias Schmitt, IHK-Geschäftsführer Standortpolitik. „Damit das so bleibt, müssen Politik und Verwaltung die Standortbedingungen konsequent optimieren.“ Besonders relevant seien hier Digitalisierung, Fachkräftesicherung, Entbürokratisierung und verkehrliche Erreichbarkeit.
Aktuell trägt die Industrie ein Drittel zur regionalen Wirtschaftskraft bei. Der Umsatz lag 2019 bei knapp 11 Millionen Euro und ist damit innerhalb von zehn Jahren um 40 Prozent gestiegen. Die durchschnittliche Wertschöpfung pro Beschäftigtem ist in diesem Sektor besonders hoch. Mit mehr als 38 000 Menschen arbeiten so viele Beschäftigte in der Industrie wie noch nie.  
Besonders stark in der Region Trier vertreten sind die Verbrauchsgüterproduzenten – insbesondere Hersteller von Nahrungsmitteln und Getränken. Auf sie entfallen fast die Hälfte der industriellen Umsätze.

Global Player aus Pronsfeld

Einer der größten und bedeutendsten von ihnen ist die Arla Foods GmbH mit ihrem weltweit größten Standort in Pronsfeld im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Was 1967 auf der grünen Wiese als Zusammenschluss dreier kleiner Molkereien aus Schönecken, Bleialf und Üttfeld zur Molkereigenossenschaft Milch-Union Hochwald begann, hat sich längst zum Global Player entwickelt. Die europäische Molkereigenossenschaft Arla Foods zählt weltweit zu den Top zehn, deutschlandweit zu den Top fünf der Branche.  
Mit der Produktion von Butter, Milchpulver und Käse fing alles an. Heute ist das Milch-Werk in Pronsfeld spezialisiert auf haltbare Molkereiprodukte: Trinkmilch, Milchmischgetränke, Sahne, Kondensmilch, Schmand, Butter, Mischstreichfette und Milchpulver.
Eine Erfolgsgeschichte, der selbst die Corona-Pandemie keinen Dämpfer verpasst hat. „Haltbare Milchprodukte sind gefragt, und wir haben sie konsequent weiterentwickelt“, sagt Werks-Chef Jürgen Wolf. Stark gestiegen sei seit einigen Jahren die Nachfrage nach laktosefreier Milch. „Zudem haben sich die Verkaufszahlen bei Kondensmilch stabil gehalten, und sehr positiv entwickeln sich die Zahlen bei Milchstreichfetten.“  In rund 70 Länder wird exportiert – darunter Ägypten, Kuwait und die Malediven.

Boom bei haltbarer Milch

Das Geschäftsjahr 2020 sei „ein wirklich gutes“ gewesen. Zu Beginn des ersten Lockdowns habe die Nachfrage der Supermarkt-Kunden nach H-Milch den Pronsfeldern „eine enorme Auftragslage“ beschert. Statt bis dato 4000 hätten täglich rund 6000 Paletten (1 Palette = 700 Liter) zu Spitzenzeiten die Werkstore verlassen. „Das war, wie wenn Weihnachten und Ostern zusammenfallen“, erinnert sich Wolf.  Nach zweieinhalb Monaten habe sich die Nachfrage wieder auf Normalniveau eingependelt.
Die kurzfristig explosionsartig angestiegene Nachfrage habe das Werk mit einer angepassten Produktion (Reduktion von Milchkonzentrat) aufgefangen. Lieferengpässe habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben – auch nicht bei Artikeln, die für die Produktion notwendig sind. „Den größten Anteil beziehen wir aus Europa, nur eine geringe Menge vom internationalen Markt. Das hat reibungslos funktioniert.“ Den Hauptrohstoff liefern mit 4,3 Millionen Litern Milch täglich rund 2000 Landwirte aus Deutschland, Luxemburg und Belgien nach Pronsfeld.  
Dass das Werk so gut durch die Krise gekommen ist, liegt nach Auskunft Wolfs vor allem am Absatzmarkt. „Unseren Hauptumsatz erwirtschaften wir im Einzelhandel. Wir sind nicht so stark in der Gastronomie und in Kantinen vertreten.“

Neuer Trockenturm für 190 Millionen Euro

Jedes Jahr investiert Arla nach Auskunft von Wolf zwischen 15 und 20 Millionen Euro in den Eifeler Standort. Die Summe, die derzeit auf dem rund 55 Hektar großen Gelände verbaut wird, setzt allem bisher Dagewesenen das Sahne-, oder besser gesagt das Milchhäubchen auf. 190 Millionen Euro lässt sich das Unternehmen den Bau eines zweiten Trockenturms für Milchpulver kosten und realisiert damit eines der größten Bauprojekte in der Eifel. Im Herbst soll der Turm in Betrieb genommen werden.
Rund 95 000 Tonnen Milchpulver kann Arla dann jährlich zusätzlich produzieren. Wolf nennt dies „eine klare Stärkung des Standorts Pronsfeld und seiner strategischen Bedeutung“. Zudem unterstütze diese Investition das langfristige Ziel der stärkeren Internationalisierung. Denn mit dem zusätzlich produzierten Milchpulver sollen Marktanteile beispielsweise in Afrika, vor allem in Nigeria, sowie in China gewonnen werden.
Gewinnen muss das Werk in Pronsfeld dazu schnellstmöglich zusätzliches qualifiziertes Personal – rund 70 Mitarbeiter sowie weitere Auszubildende. Mit seinen rund 1000 Mitarbeitern und etwa 30 Auszubildenden ist der reine Produktionsstandort bereits jetzt einer der wichtigsten Arbeitgeber in der Region. Um noch attraktiver zu werden, gibt es zum Beispiel ein umfangreiches Gesundheitsmanagement und reservierte Kita-Plätze für Kinder der Angestellten. „Wir haben hoch motivierte Mitarbeiter, und Ausbildung ist bei uns ein wichtiges Thema“, sagt Wolf. „Und wir bieten vielfache Möglichkeiten, sich im Unternehmen weiterzuentwickeln.“
Ein weiterer Vorteil sei die Zugehörigkeit zum Arla-Verbund, um Mitarbeiter aus weiterer Entfernung zu gewinnen. „Die großen Unternehmen in der Region müssen bei der Mitarbeitergewinnung ins Gespräch kommen und kooperieren“, erläutert Wolf.
Eine wichtige Rolle spiele natürlich auch die Infrastruktur. Wie Lothar Thommes nennt Wolf spontan das Stichwort Digitalisierung. „Glasfaser bis ins Haus müsste längst Standard sein. Auch beim Mobilfunk klafft eine riesige Lücke. Der Eifelkreis Bitburg-Prüm ist eine der Regionen mit den meisten Netzabbrüchen.“ Großen Handlungsbedarf sieht er zudem beim öffentlichen Nahverkehr und bei der Ärzteversorgung.
Als Herausforderung nennt der Werks-Chef die mitunter langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren – ein Punkt, den auch eine IHK-Unternehmensumfrage belegt. Bei der Bewertung des Industriestandorts Deutschland hatten rheinland-pfälzische Industrieunternehmen in einer Negativ-Rangliste die Dauer und Komplexität von Planungs- und Genehmigungsverfahren an dritter Stelle genannt. Noch schlechter hatten sie das Steuerrecht beurteilt. Auf Platz 1 der Kritik rangiert die Fülle und Verständlichkeit von bürokratischen Auflagen.  
Wobei Wolf für das Genehmigungsverfahren des Trockenturms lobende Worte findet. „Bei dieser Planung haben wir alle von Anfang an mit ins Boot genommen und das große Projekt in Einzelprojekte zerlegt. Das hat sehr gut geklappt.“

Stark unter Strom
Ebenfalls auf Wachstumskurs befindet sich das Trierer Mittelstandsunternehmen KAUTZ GmbH. Die Auftragslage: „gigantisch“ (Originalton Axel Horstmann). Das Produkt: individuelle Schaltanlagen. Das Erfolgsrezept: maßgeschneiderte Lösungen in Premium-Qualität. 1985 von Rolf Kautz in der Eurener Flur gegründet, hat es sich unter der Führung von Axel Horstmann, der das Unternehmen 2012 übernommen hat, konsequent weiter zum Global Player und zu einer der Top-Adressen in der Branche entwickelt.
Unter rund 400 Mitbewerbern deutschlandweit rangiert der Starkstrom-Anlagenbauer aus Trier nach Auskunft des Firmenchefs unter den ersten drei bis fünf. Rund 70 Mitarbeiter aus 13 Nationen zählt das Unternehmen derzeit.
2500 Kunden weltweit füllen die Auftragsbücher. Darunter ist von der Lebensmittelbranche über das Gesundheitswesen bis hin zum klassischen Industriesektor so ziemlich jeder Bereich vertreten. Die Referenzliste liest sich wie ein Who is Who der ganz Großen.
Kein Wunder: Die reibungslose Stromversorgung ist der neuralgische Punkt in jedem Produktionsbetrieb und jeder stromabhängigen Unternehmung.  Auf diesem Sektor hat sich der Mittelständler mit bahnbrechenden Innovationen ein bemerkenswertes Renommee aufgebaut.   
„Wir sind eine Manufaktur. Unsere Lösungen sind stets individuell und nach den besonderen Anforderungen des Kunden maßgeschneidert“, erläutert Horstmann. Dabei werden die Niederspannungsschaltanlagen von Trier aus komplett geplant und gebaut, um dann ebenfalls von den KAUTZ-Mitarbeitern vor Ort montiert und in Betrieb genommen zu werden.

Pionierarbeit zahlt sich aus
Bahnbrechend in diesem Bereich war die Entwicklung des Modul-K-LXS-Systems im Auftrag des Chemie-Konzerns Lanxess im Jahr 2015. Das modulare Stecksystem ermöglicht es, Einschübe im laufenden Betrieb zu wechseln und garantiert so eine hohe Verfügbarkeit der Anlagen. War die früher von Lanxess genutzte Schaltanlage noch mit 1700 verschiedenen Einschüben versehen, so sind es mit der baulich optimierten Version von KAUTZ heute gerade noch 14. Ein kleiner Computer steuert die Variantenvielfalt der Funktionen.
Eine weitere Punktlandung gelang der KAUTZ GmbH mit der Verwendung von Chromstahl für die Anlagenschränke. Hergestellt vom Metallbauer S+L aus Föhren, sichert diese Innovation dem Unternehmen ein verkaufsstarkes Alleinstellungsmerkmal. „Dieser Edelstahl ist unheimlich hart, aber nicht spröde. Deswegen haben die Anlagen sogar die Erdbeben-Tests der höchsten Stufe bestanden“, sagt Horstmann. „Das macht niemand anderes weltweit.“
Pionierarbeit leisteten die Experten aus der Eurener Flur auch 2012 bei der Entwicklung des ARC-K-Systems. Brannte bei einem Störlichtbogen beziehungsweise einem Kurzschluss in der Schaltanlage bis dato das gesamte Innenleben in Sekundenschnelle ab, so schaltet der Störlichtbogenbegrenzer des KAUTZ‘schen Systems die Anlage in maximal 1,2 Millisekunden ab – ohne, dass etwas verbrennt oder Schaden nimmt.

Forschungsprojekte laufen parallel
Dank der Zusammenarbeit mit ausgewählten Partnern und dem Zukauf verschiedener Komponenten kann das Unternehmen neben den selbst entwickelten und produzierten Niederspannungsschaltanlagen auch Transformatoren und Mittelspannungs-schaltanlagen liefern. Für die luftisolierten Mittelspannungsschaltanlagen sitzt der Partner, die Firma Elatec aus Konz, gleich um die Ecke.
Elementar für den Erfolg der KAUTZ GmbH sei die Investition in Forschung, erklärt Horstmann. „Wir sind in unserer Branche das Unternehmen mit den meisten Forschungsprojekten. Bei uns laufen stets drei bis vier Projekte parallel.“
Die Motivation liegt für den 58-Jährigen auf der Hand: „Als mittelständisches Unternehmen müssen Sie die Nase vorn haben, sonst werden Sie weggespült.“ So befinde sich beispielsweise ein Hybrid-Kompensator, der Stromschwankungen ausgleichen soll, nach mehrjähriger Forschungs- und Entwicklungszeit derzeit in Bayern in der Testphase.
Luft nach oben sieht Horstmann auf einem weiteren Sektor: So habe das Unternehmen seinen ersten Auftrag beim Rückbau eines Atomkraftwerks in Deutschland erfolgreich abgewickelt. Zwei Folgeaufträge seien bereits unterzeichnet.  
Sorgen über zu wenig Arbeit muss sich der Firmenchef ohnehin nicht machen. „Die Auftragslage ist gigantisch. Für 2021 rechnen wir mit einem Umsatz von 14 bis 15 Millionen Euro. Und 2020 war ein Rekord-Umsatzjahr.“

Zusätzliche Aufträge in der Pandemie

30 Prozent mehr Aufträge habe Corona dem Unternehmen beschert. „Insbesondere die Lebensmittelbranche, aus der wir viele Kunden haben, erweitert ihre Lagerkapazitäten massiv. Zusätzliche Aufträge haben wir auch aus der Pharmaindustrie gewinnen können – im Bereich Sondermaschinenbau für Impfstoffe. Und der intensivere Fokus der Krankenhäuser auf die Strom-Versorgungssicherheit hat sich für uns gewinnbringend ausgewirkt.“
Allerdings wirken sich inzwischen auch die Schattenseiten der Pandemie auf den Unternehmensalltag aus – etwa die Verknappung einiger Rohstoffe. „Manche Komponenten, die früher innerhalb von 24 Stunden bei uns im Werk waren, brauchen inzwischen vier Wochen. Kleine Zulieferer vertrösten uns zum Teil auf eine dreimonatige Wartezeit.“ Auch preislich mache sich der Engpass schmerzlich bemerkbar. „Bis Dezember 2020 haben wir für das Kilo Kupfer 6,50 Euro bezahlt. Inzwischen sind es 9,40 Euro.“
Die aktuelle IHK-Konjunkturumfrage zeigt: Im produzierenden Sektor sind die Energie- und Rohstoffpreise aktuell für 60 Prozent der Befragten ein zentraler Risikofaktor für die wirtschaftliche Entwicklung. Vor einem Jahr galt dies nur für 26 Prozent.
Angesprochen auf seine Einschätzung zum Industriestandort Region Trier sagt Horstmann: „Ein Standort-Vorteil ist für mich die Loyalität, die sowohl bei den Mitarbeitern als auch bei den Kunden sehr groß ist.“ Der größte Nachteil sei die Nähe zu Luxemburg. „Die Leute haben bei gleichem Brutto 30 Prozent mehr Netto raus, da kann hier niemand mithalten.“
Dringenden Handlungsbedarf sieht er bei der Verkehrsanbindung, der Infrastruktur und den Telekommunikationsnetzen. Um qualifiziertes Personal anziehen zu können, brauche es zudem mehr bezahlbaren Wohnraum.
Grundsätzlich wünscht sich der Unternehmer, dass dem Mittelstand mehr Gehör geschenkt wird. „Denn von hier stammt das Gros der Steuereinnahmen.“


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