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IHK Trier


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01.01.2017

Frischer Wind für Rheinland-Pfalz


Dieser Text ist vom 01.01.2017 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Dr. Volker Wissing stützt beim regionalpolitischen Abend zentrale Forderungen der regionalen Wirtschaft

Gerade erst ist der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister von seiner ersten großen Auslandsreise zurückgekommen. Er erzählt von modernen Gewerbeparks, einer aufstrebenden Wirtschaft und Megametropole, die nie still zu stehen scheinen. Indien hat den Minister tief beeindruckt. Zurück in Deutschland führt sein Weg ihn direkt nach Trier.

Über 150 Gäste erwarten ihn bereits im IHK-Tagungszentrum zum traditionellen regionalpolitischen Abend. Gleich mit seinen ersten Worten signalisiert er, dass er sich trotz Reisestrapazen ganz in seinem Element fühlt: „Wo Wirtschaft und Politik in Dialog treten, da bin ich gern zugegen.“ Fachlich startete Wissing den Abend mit einem Impulsvortrag. Passend zum Motto „Rheinland-Pfalz – Mehr Wachstum wagen!“ griff der Minister Themen aus dem aktuellen Koalitionsvertrag heraus und orientierte sich dabei am wenige Tage zuvor vorgestellten rheinland-pfälzischen Doppelhaushalt. In seinem ersten Punkt stellte er die Bedeutung von Firmengründungen für die regionale Wirtschaft heraus und legte gleich den Finger in die Wunde. 

Für frische Ideen braucht es Mut

„Junge Menschen werden immer risikoaverser“, sagte Wissing. Gerade im Bereich der Unternehmensgründungen sei das aber kontraproduktiv. Deutschland habe im Vergleich zu den USA eine deutlich schwächer ausgeprägte Gründungsmentalität. „Da haben wir Nachholbedarf.“ Als Reaktion rief der Wirtschaftsminister die Gründungsallianz ins Leben. Diese soll dazu dienen, alle Akteure, zu denen auch die rheinland-pfälzischen IHKs zählen, noch besser zu vernetzen. In der Folge sollen jungen Menschen noch deutlicher die Perspektiven aufgezeigt werden, die eine Selbstständigkeit bietet. Auf diesem Gebiet sind allerdings auch die Starterzentren der IHKs und HWKs unterwegs. Aus Sicht der IHK sollte seitens des Wirtschaftsministeriums daher keine Parallelstruktur an dieser Stelle geschaffen werden.
 
Grund zur Hoffnung gibt inzwischen der aktuelle Gründerreport der Starterzentren Rheinland-Pfalz. Demnach wagten 2015 etwa 4000 Menschen in der Region Trier den Schritt in die Selbstständigkeit. Dazu kommt, dass erstmals seit 2010 wieder mehr Unternehmen gegründet als abgemeldet wurden, das Gründungssaldo also positiv ist.

Ohne Moos nichts los

Mit Mut zum Risiko ist es alleine nicht getan. Das weiß auch der Minister. Knackpunkt sei häufig die Finanzierung. Wissing weiß: 50 Milliarden Euro werden jährlich weltweit als sogenanntes Wagniskapital investiert. Davon fallen drei Milliarden Euro auf Deutschland. Von diesen drei Milliarden fließen zwei Milliarden nach Berlin, die übrige Milliarde verteile sich auf Restdeutschland. Die Rechnung fällt Wissing leicht: „Das ist viel zu wenig.“ Alleine mit Banken sei das Problem allerdings nicht zu lösen, ist Wissing überzeugt. Sein Plan sieht auf der einen Seite vor, Investitionsfonds zu stärken und neue Förderprogramme zu schaffen. Auf der anderen Seite will er Anreize schaffen, dass auch Privatpersonen wieder vermehrt in Unternehmen investieren. Gründer zu stärken, hat für Wissing eine erhöhte Priorität. Er spricht von einem Doppeleffekt: „Gründer, die sich am Markt halten, werden zu Arbeitgebern und langfristigen Steuerzahlern.“

Willkommenskultur als Motor der Fachkräftesicherung

Viele junge Menschen favorisieren eine akademische Laufbahn. Zu rechtfertigen sei das aber nicht in jedem Fall, sagt Wissing. Die duale Ausbildung sieht er in Hinsicht auf Karrieremöglichkeiten auf Augenhöhe mit einem Studium. Auch die Industrie- und Handelskammer hat ihr Engagement auf diesem Gebiet seit Anfang 2016 weiter erhöht. In einem erweiterten Beratungsangebot widmet sich die IHK, gemeinsam mit regionalen Partnern, gezielt Studienabbrechern. Es gibt viele Unternehmen, die die ehemaligen Studenten mit offenen Armen empfangen, weil diese schon eine entsprechende Reife mitbringen, so der Tenor der IHK. Das gestiegene Engagement blieb unterdessen auch dem Minister nicht verborgen: „Da machen die IHKs viel, dafür bin ich dankbar.“

Die duale Ausbildung sieht Wissing darüber hinaus auch als kommenden Exportschlager. „Wir haben mit diesem System etwas Außergewöhnliches in Deutschland.“ Wenn es gelingt, dies als weltweiten Standard zu etablieren, hätte Deutschland einen entscheidenden Standortortvorteil. Bereits seit ein paar Jahren pflegt die IHK Trier eine intensive Berufsbildungspartnerschaft mit dem Inselstaat Indonesien, die als Sequa-Projekt vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung finanziert wird. Dort versucht die IHK passende und nachgefragte Elemente der dualen Berufsausbildung zu implementieren und Berufsprofile an den Bedarf der indonesischen Wirtschaft anzupassen. Im Rahmen eines Pilotprojekts wurden 2016 zum ersten Mal indonesische Ausbilder nach deutschem Standard geschult.

Im Anschluss wurde Wissing dann noch einmal deutlich. Er spricht auf die Geschehnisse in Dresden zum Tag der Deutschen Einheit an, als Beschimpfungen und Fremdenfeindlichkeit die Atmosphäre prägten. „Das war ein schwarzer Tag für die Wirtschaft“, urteilt Wissing. Allein die Dresdner Universität habe 23 Prozent ihrer Studenten verloren. Die Folgen für den Fachkräftemarkt werden ebenfalls verheerend sein, vermutet er. „Ein indischer Ingenieur wird, nachdem er die Bilder gesehen hat, sicher nicht sagen: ‚Dresden, da will ich leben‘.“ Dresden sieht Wissing nun als warnendes Beispiel für Rheinland-Pfalz. „Wir dürfen auf keinen Fall denselben Fehler machen.“ Stattdessen müsse man ausländischen Fachkräften signalisieren, dass ein friedliches und wirtschaftliches Miteinander gelingen kann. „Wenn wir das schaffen, sichert uns das einen Standortvorteil“, ist Wissing sicher.

Diskussionsrunde mit Zündstoff

Nach seinem Vortrag stellte sich der Wirtschaftsminister noch den Fragen in einer Diskussionsrunde. An dieser nahmen Karin Kaltenkirchen, Geschäftsführerin des Modehaus Marx und IHK-Vizepräsidentin, Dr. Joachim Streit, Landrat des Eifelkreis Bitburg-Prüm und Vorsitzender der Initiative Region Trier, Frank Natus, Geschäftsführer der Natus GmbH Trier und Vorsitzender der VTU, sowie Peter Adrian, IHK-Präsident und Geschäftsführer der Triwo AG, teil. Moderator Heribert Waschbüsch suchte in seinen Fragen an die Podiumsteilnehmer gezielt die Reizthemen aus. Auf die Frage, wie es um die Breitbandversorgung in der Region stehe, antwortete Peter Adrian deutlich. „Rheinland-Pfalz steht bei der Versorgung an drittletzter Stelle in Deutschland.“ Lediglich die Hälfte der Unternehmen könne auf eine Internetversorgung von mehr als 50Mbit oder mehr zurückgreifen. „Da dürfen wir nicht hinterher hinken“, sagt er: „Für viele Unternehmen ist eine schlechte Anbindung existenzbedrohend.“ Wissing beruft sich auf den Koalitionsplan. Dort sei zugesichert, bis 2018 eine flächendeckende Anbindung von 50Mbit zur Verfügung zu stellen. „Ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln“, sagt Wissing. Beim Breitbandausbau sieht Landrat Joachim Streit noch ein weiteres Problem. Zuständig dafür seien eigentlich die einzelnen Ortsgemeinden. „Nun können diese aber nicht alle einzeln mit der Telekom verhandeln“, sagt er. Stattdessen sei man im Eifelkreis dazu übergegangen, die einzelnen Anfragen zu bündeln und gemeinsam in die Verhandlungen zu gehen. Auch wenn das nicht nach der reinen Lehre sei: „Das macht der Landkreis genau richtig“, sagt Wissing.
 
Ein weiteres Thema betrifft den Einzelhandel, der sich seit Jahren mit steigender Konkurrenz aus dem Internet konfrontiert sieht. „Wir müssen uns mit der Digitalisierung arrangieren. Dafür brauchen wir aber auch Profilierungsmöglichkeiten für den stationären Handel“, sagt Karin Kaltenkirchen. Als Beispiel nennt sie die verkaufsoffenen Sonntage. Klagen von Gewerkschaften gegen offene Sonntage findet Kaltenkirchen nicht gerechtfertigt. „Wir müssen konkurrenzfähig sein“, sagt sie. Dem pflichtet auch der Minister bei: „Da haben Sie mich ganz auf Ihrer Seite“, sagt er.

Wenn Banker zu Kanarienvögeln werden

Ebenfalls ein wunder Punkt aus Sicht vieler Unternehmer ist die Infrastruktur. Zwar haben es wichtige Projekte, wie der A1-Lückenschluss, in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans geschafft. „Für den Lückenschluss kann keiner mehr tun, als ich es mache“, verspricht Minister Wissing. Das allein ist aber noch kein Garant für einen Bau. „Das Planungsrecht ist zu einem ‚Infrastrukturverhinderungsgesetz‘ geworden“, kritisiert er. Ein Naturschützer könne eine eidesstattliche Versicherung abgeben, dass er beispielweise ein Haselhuhn gesehen habe. Dann müsse das Land ihm nachweisen, dass er es nicht gesehen hat. „Das ist verrückt“, sagt Wissing.

Moderator und Wirtschaftsredakteur des Trierischen Volksfreunds Heribert Waschbüsch äußerte den Eindruck, dass derzeit viel in die Straßen der Region investiert werde. Im Trierer Stadtbild reihe sich zurzeit Baustelle an Baustelle. Ein Eindruck, den auch Unternehmer Frank Natus bestätigen kann. „Man hat die vergangenen Jahre allerdings auch unheimlich viel verschlafen“, sagt er. Es seien Brücken gebaut worden ohne daran zu denken, dass diese auch irgendwann mal saniert werden müssten. Ein Vorgehen, das Natus sich nicht erklären kann. „Das kann sich ein Unternehmer so nicht erlauben“, sagt er. Man habe dann am Ende einen Investitionsstau, den man nicht mehr bewältigen kann.
 
Beim Thema Investition schwenkt Wissing auf das Thema Bahn um. „Wir brauchen den ICE, auch wegen der Nachbarschaft zu Luxemburg“, sagt der Minister. Dort könne die Landesregierung aber nur Druck machen, die Entscheidung treffe sie allerdings nicht allein. Die Pendler hat auch Peter Adrian im Visier. 30 000 seien es an der Zahl. Um zu sehen, dass der derzeitige öffentliche Personennahverkehr dieses Aufkommen nicht stemmen kann, müsse man lediglich morgens zum Trierer Hauptbahnhof kommen: „Herr Minister, das haben Sie so in Mainz noch nicht gesehen. Da fahren morgens Doppeldeckerbusse mit Anhängern in Richtung Luxemburg und hinten halten sich die ganzen Banker wie Kanarienvögel an der Stange fest.“


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