Sprungmarken zu den wichtigsten Seitenabschnitten


Suche Hauptnavigation A-Z Übersicht Hauptinhalt Servicelinks


IHK Trier


Seitenkopf

Seitenhauptinhalt

01.05.2022

„Wo Krieg ist, kann Wirtschaft nicht gedeihen"


Dieser Text ist vom 01.05.2022 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Ein Interview mit DIHK-Präsident Peter Adrian zum Krieg in der Ukraine

Weltweit zeigen sich die wirtschaftlichen Folgen des Krieges in der Ukraine. Als Interessenvertretung bündelt der Deutschen Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK) in Berlin, Spitzenverband der bundesweit 79 IHKs, die Interessen der Mitgliedsunternehmen. Wir fragten nach bei DIHK-Präsident Peter Adrian. Der Unternehmer (Triwo AG, Trier) übernahm das Amt im März 2021.  
 
Die Pandemie ist noch nicht vorbei, da bringt die russische Invasion die Weltwirtschaft ins Wanken. Wie erleben Sie als DIHK-Präsident die Dynamik seit dem 24. Februar 2022?
Seit Kriegsbeginn werden wir Zeugen erschreckender Entwicklungen. Viele Menschen verlieren ihr Zuhause und werden Opfer von Gewalt und Zerstörung. Ihnen gilt unser uneingeschränktes Mitgefühl. Mit der Aktion #WirtschaftHilft, klären über Hilfsangebote für Unternehmen auf und geben Tipps für die Integration von Geflüchteten – in einem späteren Schritt auch in den Arbeitsmarkt, wenn gewünscht.  
 
Welche Rückmeldungen erfahren Sie als DIHK-Präsident?
Wo Krieg ist, kann Wirtschaft nicht gedeihen. Wir erfahren aus zahlreichen Rückmeldungen, dass viele Unternehmen mit Ukraine- und Russland-Aktivitäten große Unsicherheiten erleben und Einbußen zu verkraften haben. Frieden und gegenseitiges Vertrauen sind die Grundlage für jede wirtschaftliche Verbindung. Deswegen unterstützt die Wirtschaft in der Breite die von der westlichen Staatengemeinschaft verhängten Sanktionen – auch, wenn sie zum Teil drastische negative Folgen für betroffene Betriebe mit sich bringen.  
 
Der DIHK vertritt die gesamte gewerbliche Wirtschaft in Deutschland. Worin besteht gerade jetzt, in der zweiten Krise in Folge, der Mehrwert einer gemeinsamen, bundesweiten Interessenvertretung?
Krisen sind Bewährungsproben. Gerade in solchen unübersichtlichen Lagen sind wir als regional verankerte und jenseits von Einzelinteressen engagierte Organisation ein wichtiger Gesprächspartner für Politik und Verwaltung. Wir sammeln in der Breite, was wir zügig und gebündelt an politische Entscheidungsträger weitergeben können. Wir haben viele konkrete Gestaltungsideen eingebracht, etwa die Überbrückungshilfen- so konnte vielen Unternehmen in der Krise geholfen werden.  
 
…wie gestaltet sich das jetzt?
Auch jetzt, nach dem russischen Angriff auf die Ukraine, stehen wir im engen Kontakt mit Unternehmen und Politik. Derzeit geht es darum, die ukrainische Belegschaft der deutschen Unternehmen bestmöglich zu schützen und den wirtschaftlichen Schaden zu begrenzen, sofern das irgendwie geht. In Deutschland stellen sich derweil Fragen, die weit in die Zukunft der Wirtschaft hineinreichen – von der konkreten Umsetzung der Sanktionen gegen Russland bis zu den exorbitant steigenden Energiepreisen.  

 
Zum IHK-Netzwerk gehören auch die weltweit über 90 Auslandshandelskammern (AHKn) mit über 140 Standorten. Welche Rolle fällt hier dem DIHK zu, welche besonderen Herausforderungen sind zu bewältigen?
Die deutsche Wirtschaft ist weltweit so stark vernetzt wie keine andere. Jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland hängt direkt vom Export ab, in der Industrie sogar jeder zweite. Mittelständische Betriebe aus Deutschland mit grenzüberschreitenden Handelsverbindungen sind im Durchschnitt in 17 anderen Ländern aktiv. Die Lage im globalen Handel wird dabei immer schwieriger und komplexer. Nicht nur, dass wir derzeit mit einer Krise nach der anderen konfrontiert sind – es nehmen auch andere Handelshemmnisse zu, wie etwa staatlicher Protektionismus, Zölle oder immer neue gesetzliche Vorgaben. Als DIHK können wir durch die Bündelung der AHK-Erfahrungen wichtige Impulse geben, wo Politik auf europäischer und internationaler Ebene nachsteuern muss.  
 
Der DIHK setzt sich nicht nur für einen freien Handel ein, sondern auch für weniger Bürokratie, schnelles Internet oder die Digitalisierung. Was passiert gerade mit all diesen Themen, die für so viele Unternehmen von größter Relevanz sind?
Akute Ereignisse wie Krieg oder Krisen haben zwar immer Priorität. Dennoch kümmern wir uns parallel intensiv und ohne Unterbrechung um die Themen, die unsere Unternehmen hierzulande beschäftigen. Will die deutsche Wirtschaft nicht an Wettbewerbsfähigkeit in einer sich ständig wandelnden Welt verlieren, müssen wir immer wieder neu über ihre Bedingungen verhandeln: Wie können wir den Klimawandel so gestalten, dass er mit Wohlstand einher geht? Wie wollen wir einen echten digitalen Aufbruch schaffen im Spannungsfeld von Innovation und Datenschutz? Und wie schaffen wir es, trotz Alterung und Fachkräftemangel auf einem Wachstumspfad zu bleiben?  
 
Die Fragen stehen für einen Umbruch…
Wir erleben, um den Bundeskanzler zu zitieren, eine Zeitenwende. Das gilt nicht nur geo- und sicherheitspolitisch, das gilt auch für die Weltwirtschaft. Die globale Wirtschaft befindet sich in vielerlei Hinsicht im Umbruch. Damit das gelingen kann, brauchen wir eine weitsichtige und trotzdem flexible Wirtschaftspolitik, die es jungen und bestehenden Unternehmen erlaubt, sich zu entfalten und mit Mut und Zuversicht die Herausforderungen in dieser Zeitenwende anzunehmen. (März 2022)  

 



von Dr. Beate Bößl, IHK in Osnabrück  

 

 

 

Seitenfuß