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IHK Trier


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  • 02.03.2018

    Bringt den Tourismus auf Touren!

    Rheinland-Pfalz schöpft sein Potenzial als Urlaubsziel nicht genug aus

  • Foto: Albrecht Ehses
    Wein & Tourismus

    Albrecht Ehses

    Tel.: 0651 9777-201
    Fax: 0651 9777-965
    ehses@trier.ihk.de


Dieser Text ist vom 02.03.2018 und könnte inhaltlich veraltet sein.
Der Tourismus treibt Eifel, Mosel und Hunsrück voran – und muss deshalb viel stärker unterstützt und effektiver gemanagt werden als bisher, argumentiert die IHK Trier in ihrem neuen Positionspapier. Die Unternehmer wünschen sich einen frischen Wind und Leuchtturm-Projekte für die Branche.  

Begeisterung und Unmut liegen für Gastronomen und Hoteliers in der Region oft nah beieinander. Begeisterung für ihren Beruf und ihre Branche. Motivation, ihren Kunden eine schöne Heimat auf Zeit zu sein und mit Qualität sowie neuen Ideen den Tourismus – ja, die Region insgesamt – voranzubringen. Und auf der anderen Seite empfinden sie Unmut wegen des Gefühls, auf einsamer Front zu kämpfen und immer wieder Steine aus dem Weg räumen zu müssen. Bürokratie, Abgaben, Fachkräftemangel. 

An der Nachfrage mangelt es grundsätzlich nicht. Urlaub in Deutschland ist in, die Tendenz geht bei den Übernachtungszahlen in Rheinland-Pfalz nach oben. Allerdings liegen sie unter ihrem Potenzial, sagt Albrecht Ehses, IHK-Geschäftsführer International, Wein und Tourismus. Bundesweit seien die Übernachtungszahlen zwischen 2014 und 2016 von 426 auf 447 Millionen gestiegen. In Rheinland-Pfalz gab es lediglich ein leichtes Plus von 21,1 auf 21,9 Millionen – die geringste Wachstumsrate aller Bundesländer. „Hier fehlt die Dynamik. In Bayern oder Baden-Württemberg ist wesentlich mehr Dampf dahinter“, erklärt Ehses.
 
Deshalb hat der rheinland-pfälzische Landtag 2017 beschlossen, erstmals eine Enquete-Kommission einzurichten, die sich mit dem Tourismus als Wirtschafts- und Standortfaktor befasst. Sie soll Ideen für die Weiterentwicklung der Branche hervorbringen. Gleichzeitig arbeitet das Land an der Fortschreibung der Tourismus-Strategie 2015 und einer Neukonzeptionierung bis 2025. In Beidem sind die vier Industrie- und Handelskammern eng eingebunden und haben nun ein Positionspapier erarbeitet, um mit ihren Forderungen klar Stellung beziehen zu können.

Antreiber für den ganzen Standort
„Es wird total verkannt, wie wichtig der Tourismus für die gesamte Region ist“, sagt Frank Weiler, Inhaber des NaturPurHotels Maarblick in Meerfeld. Seit 20 Jahren führt er das Vier-Sterne-Haus, das seit jeher in Familienhand ist. Er sieht tagtäglich: Floriert das Geschäft mit den Urlaubern, kommt das dem ganzen Umfeld zugute. Mehr Arbeitsplätze, mehr Einnahmen für Einzelhandel, Dienstleistungsbetriebe, Handwerk und Kommunen – Gewerbesteuern, Gebühren, et cetera: Kaum ein Wirtschaftszweig profitiert nicht. In Rheinland-Pfalz sichert der Tourismus insgesamt knapp 150 000 Jobs.
  
Dennoch investieren aus Sicht der IHKs die Regionen und Städte zu wenig in den Tourismus, sowohl in die Infrastruktur als auch in Tourist-Informationen und -organisationen. Zumal auch die Lebensqualität der Bewohner zunimmt, wenn in die Optik und Freizeitangebote einer Region investiert wird, Wanderwege, Parks, Plätze und mehr verschönert werden. Dies wiederum rege private Investitionen zum Beispiel in Übernachtungsangebote an. „Dafür müssen wir in der Politik ein Bewusstsein schaffen und den Tourismus bei allen Entscheidungen mitdenken“, sagt Ehses.

Gerade ländliche Gebiete müssten belebt werden. Denn sie leiden besonders unter der Alterung der Gesellschaft, viele Betriebe finden keinen Nachfolger und schließen, was einen Abwärtstrend anstoßen könne.
Ein positives Beispiel seien dagegen die Premiumwanderwege in der Region, sagt Ehses: „Hier wurden tolle Vorleistungen erbracht, auf denen wir jetzt aufbauen müssen. Wir sollten die Unternehmen motivieren, entsprechende Angebotspakete zu schnüren und diese gut vermarkten.“   

Gemeinsam neue Ideen entwickeln  
„Wir müssen uns zusammentun und mit Rückgrat und Stolz auf unsere Region für uns werben!“, appelliert Harald Rüssel. Der Sternekoch hat mit seinem Landhaus kulinarisch wie optisch ein Schmuckstück erschaffen, zieht Gäste von weit her nach Naurath (Wald). Für Trier wünscht er sich „Druck auf dem Kessel“: Branchen-, Kultur- und Kammervertreter müssten mit dem Tourismus-Marketing frische Ideen entwickeln und sich an die Politik wenden. Nur gemeinsam lasse sich das Image der Branche verbessern. „Jeder hat die Verpflichtung, etwas zu tun, nicht nur für seinen eigenen Betrieb.“

Ein besonders gelungenes Beispiel ist für ihn Mythos Mosel: eine parallele Jahrgangverkostung von etwa 120 Weingütern, die in 30 Gastgeber-Weingütern stattfindet, immer an einem anderen Abschnitt der Mosel. Hohe Qualität und Vielfalt werden zum Besucher-Magnet.

Rüssel selbst lebt die Kooperation mit Kulturschaffenden wie dem Mosel Musikfestival seit Jahren. 2018 bringt er zur Musik von Gioachino Rossini Leckereien aus dem Kochbuch des italienischen Opernkomponisten auf die Teller.

Das Thema Zusammenarbeit heißt für ihn auch, sich in Verbänden für die Branche stark zu machen. Das bestätigt Weiler, der zu den „Landidyll Hotels“ gehört: eine Gruppe familiär geführter, komfortabler Landhotels, die mit einer besonders persönlichen, individuellen Note punkten möchten. So kann sich der Hotelier mit Kollegen deutschlandweit austauschen. „Wir können gerade dank der Distanz offen über alles sprechen und befruchten uns gegenseitig mit Ideen.“

Auf Landesebene sollten aus Sicht der IHKs Fachministerien und Referate intensiver und ressortübergreifender zusammenarbeiten. Die regionale Vermarktung dürfe nicht an der Gemeindegrenze enden. „Wir müssen Ressourcen bündeln und Synergien nutzen“, sagt Ehses. Gesparte Kosten könnten beispielsweise ins Marketing fließen.

Qualität lockt
Am besten könne sich die Region mit Leuchttürmen vermarkten, die dann auf das Umfeld ausstrahlen, sagt Rüssel. Sprich: Die Gäste kommen wegen besonderer Angebote mit Alleinstellungsmerkmal an die Mosel, in die Eifel oder den Hunsrück und werden so neugierig auf die Gegend. Wo ein erfolgreicher Betrieb sei, kämen weitere hinzu.
 
Die Konzepte sollten ehrlich und glaubhaft sein, zum jeweiligen Haus sowie zur Region passen, findet Rüssel. Also: Wildgerichte statt Scampi-Salat. Zur guten Küche gehört für ihn das Auskundschaften hochwertiger regionaler Produkte: Käse, Fisch, Schwein, Wein sowieso. Egal, was man unternehme, Qualität sei das A und O. „Wir müssen für etwas stehen und eine Aussage treffen.“

Ein Negativ-Beispiel ist für Rüssel, dass viele Gastronomie-Betriebe im Winter schließen. „Gerade jetzt müssen wir aktiver sein, um etwas zu bewegen, anstatt den Kopf in den Sand zu stecken.“ Er hat zum Beispiel einen SaarWeinGourmetWinter in Form eines Pop-Up-Restaurants auf Gut Cantzheim in Kanzem auf die Beine gestellt, bei dem renommierte Winzer von Mosel und Saar in den vergangenen Wochen zu Gast waren. Zudem hat im Februar sein Sohn Max das Konzept „Jung & Wild“ gestartet – junge Gäste, junge Köche, junge Winzer, eine Küchenparty und coole Musik. 

Wird der Kreis weiter gezogen, heißt das für Rüssel: Wirft jeder eine gute Idee in den Topf, kann auch das Geschäft im Winter aufgebaut werden. Eine seiner Wunsch-Ideen ist ein Mosel-Gourmetfestival, bei dem sich mehrere Betriebe mit ihren hochwertigen Angeboten vorstellen können.

„Wir müssen über das Tal hinaus Raketen abschießen, damit auch Kunden aus dem Kölner und Frankfurter Raum zu uns kommen.“ Aus einem Wochenend-Besuch könne dann beim nächsten Mal ein längerer Aufenthalt werden. Dazu brauche es zusätzlich zu einem Top-Restaurant ein gutes Programm wie kulturelle Angebote, geführte Wanderungen oder Verkostungen.

Abgaben häufen sich
Qualität und Kreativität zahlen sich zwar aus, doch so manchem Betrieb fehlt dazu der finanzielle Spielraum. Zumal zahlreiche Kommunen im Land die Unternehmen mit zusätzlichen Abgaben konfrontieren, etwa mit dem Tourismusbeitrag. Von den Übernachtungsgästen können sie einen Gästebeitrag verlangen. Beide sind zweckgebunden, die Einnahmen fließen also in touristische Einrichtungen, Veranstaltungen oder Werbung.  
Das ist bei Beherbergungssteuern nicht der Fall. Eine solche hat die Stadt Trier zum 1. Januar 2018 in Höhe von 3,5 Prozent auf den Übernachtungspreis eingeführt. Sie rechnet so jährlich mit Zusatzeinnahmen von rund 700 000 Euro. Sie fließen in den allgemeinen Haushalt.

„Diese Bettensteuer würde mich sehr verärgern, wenn ich in Trier ansässig wäre“, sagt Gerd Sonnen, Inhaber des Gasthauses Sonnen in Trierweiler. Für die Betriebe bedeute sie erhebliche Mehrarbeit, für die preissensible Branche eine zusätzliche Belastung. Aus seiner Sicht ist es unfair, dass nur Übernachtungsgäste eine Abgabe leisten müssen, nicht aber Tagestouristen. „Und die Einnahmen müssten dem Tourismus zugutekommen.“
Die IHKs plädieren dafür, Unternehmer frühzeitig einzubinden, um die bestmögliche regionale Lösung zu finden und sie über die Verwendung der Mittel mitentscheiden zu lassen. Die meisten Unternehmen im rheinland-pfälzischen Gastgewerbe sind inhabergeführte Kleinstbetriebe, denen es an finanziellen Rücklagen mangelt. „Außerdem ist die Frage, ob die Höhe der Einnahmen den bürokratischen Aufwand für Verwaltung und Betriebe rechtfertigt“, sagt Ehses.  

Bürokratie kostet Zeit
„Manchmal habe ich das Gefühl, wir haben vor lauter Bürokratie gar keine Zeit mehr, Gastgeber zu sein“, sagt Weiler. „Die Zahl der Auflagen steigt, und auch das Finanzamt verlangt immer mehr von uns“, sagt er und nennt beispielhaft das Geldwäschegesetz, die Rundfunk-Gebühren und die GEMA.

„Ich könnte eine Person alleine für die Büroarbeit abstellen“, bekräftigt Sonnen, der seinen Betrieb allein managt. Wer akribisch arbeiten wolle, müsse gerade in einem kleinen familiengeführten Betrieb die Flut an zu beachtenden Vorschriften im Blick haben.

Dazu kommen neue Gesetze auf Bundes- und EU-Ebene. Nicht selten bedeuten sie hohe und nicht planbare Ausgaben für die Betriebe. „Neue Strategien, Produkte oder Marketing entwickeln, dafür bleibt vielen dann gar keine Zeit mehr“, berichtet Ehses. Also: weniger Bürokratie, vereinfachte Verfahren und keine zusätzlichen Steuern und Abgaben!  

Anschub für Einsteiger
Ein besonders sensibles Feld mit Blick auf Bürokratie und Abgaben ist die Betriebsübergabe. Nachfolger haben es oft schwer, da sie zusätzliche Auflagen erfüllen, oft hohe Investitionen tätigen, eine neue Konzession beantragen und viele weitere Hürden nehmen müssen.

Wohl dem, der nicht bei Null anfangen muss – wie Gerd Sonnen. Der 38-Jährige hat 2017 seinen Bankjob in Luxemburg aufgegeben und ist zu seinen Wurzeln zurückgekehrt: 1950 haben seine Großeltern das Gasthaus Sonnen an der B51 gegründet, seitdem ist das Hotel-Restaurant immer weiter gewachsen. Nun hat er es von seinen Eltern übernommen. 

„Ich hatte es schon immer in der Nase“, erzählt er heute. Die Fährte hatte er bereits vor Jahren aufgenommen, wollte die Betriebsübernahme in Eigenregie vorbereiten. Doch die Zeit neben der Arbeit war zu knapp. Ein IHK-Tourismus-Sprechtag gab für ihn schließlich den Ausschlag, Nägel mit Köpfen zu machen. Dort lernte er einen Sachverständigen für das Hotel- und Gaststättengewerbe kennen, mit dem er später einen roten Faden für die Betriebsübernahme erarbeitete.

Denn ein Leichtes sei dieser Prozess nicht, man brauche betriebswirtschaftliches Verständnis sowie Wissen im Steuer- und Arbeitsrecht, um ein Hotel leiten zu können, sagt Sonnen. Bei der Beantragung der Konzession habe er sich am IHK-Leitfaden „Informationen und Tipps für den Hotel- und Gaststättenbetrieb“ entlanggehangelt.

Zugute kam ihm, dass seine Eltern immer wieder Geld in die Hand genommen hatten, damit kein Investitionsstau entsteht. Die Brandschutz-Auflagen zum Beispiel konnte er so problemlos erfüllen. Für viele Betriebsnachfolger gehören sie zu den Kostentreibern. Eine Lockerung der Vorschriften für kleinere Betriebe könnte hier hilfreich sein, findet Sonnen.

Die IHKs fordern zudem einen Bestandsschutz für einen gewissen Zeitraum, so dass Neuunternehmer eine Übergangszeit für die Erfüllung der Auflagen gewährt wird. Auch der Zugang zu Krediten müsse vereinfacht werden.

Rüssel wünscht sich Darlehen, die den Jungunternehmern nicht die Luft zum Atmen nehmen und ihnen Raum für die nötigen Investitionen und damit Zukunftsperspektiven geben. Innovationen müsse die öffentliche Hand stärker fördern. So könnten die Eigentümer die Betriebe nach und nach auf Vordermann bringen.

So hat es auch Weiler geschafft, „aus einer Dorfkneipe mit einem kleinen Hotel ein Vier-Sterne-Haus zu machen“, wie er sagt. Er übernahm den Betrieb von seinen Eltern, investierte und drehte ihn „um 380 Grad“. Davon habe auch der Standort profitiert: „Wir haben den ersten Schritt gemacht, andere haben nachgezogen. Meerfeld hat sich unglaublich entwickelt, ein tolles Kleinod!“

Baustelle Infrastruktur
Fluss, Maar, Berge – oder eine belebte Innenstadt: Die Lage ist für Hotel- und Gastronomie-Betriebe spielentscheidend. Doch selbst die schönste Idylle kommt nicht gegen eine schlechte Verkehrsanbindung an. Oder langsames Internet.

Eines der Problem-Themen für Weiler. „Da sind wir hier Entwicklungsland.“ Insbesondere für Geschäftsreisende, die am Abend noch etwas Dienstliches erledigen wollen, sei dies ärgerlich.

Auch für Rüssel bringt die ländliche Lage Herausforderungen mit sich. Die schlechte Beschilderung ist für ihn immer wieder ein Ärgernis. Dabei sei es gerade für einen Betrieb im Grünen wichtig, für die – oft überregionalen – Gäste gut auffindbar zu sein.

Auch bei den Straßen hakt’s. So wünscht sich Rüssel wegen der hohen Unfallgefahr an der Einmündung der L148 zu seinem Hotel-Restaurant Tempo 70. Auch um die Lärmbelastung zu senken, wenn zum Beispiel das Mosel Musikfestival bei ihm zu Gast ist. Gehört wurde er mit diesem Anliegen bislang nicht. „Hier klemmt es überall, die Dimensionen werden vor Ort einfach nicht erkannt.“
Weiler würde sich zudem wünschen, dass touristische Ziele besser an den öffentlichen Personen-Nahverkehr angebunden werden – beispielsweise der Kosmos-Radweg, der von Meerfeld nach Daun führt.  

Mitarbeiter fehlen
Eine der größten Baustellen der Branche ist inzwischen der Fachkräftemangel. Fast 80 Prozent der Gastronomie-Betriebe in der Region Trier sind bereits betroffen. So mancher muss zumindest zeitweise schließen, weil er nicht genügend Service- und Küchenkräfte hat.

Weiler investiert schon lange viel Energie darin, gute Mitarbeiter an sich zu binden. Um das gute Betriebsklima zu stärken, gibt es regelmäßig Mitarbeiter-Feiern – und jedes Jahr einen großen Ausflug, dieses Mal nach Mallorca. „Wir verlangen viel von den Mitarbeitern, deshalb wollen wir auch etwas zurückgeben“, sagt der 52-Jährige. Die Kommunikation im Haus sei sehr transparent, alle würden in die Jahreszielplanung einbezogen.  
Um neue Mitarbeiter zu gewinnen, arbeitet er mit einer Agentur zusammen. Auch der Blick ins Ausland ist für ihn nicht neu, erst vor Kurzem hat er einen Bewerber aus Ungarn per Internet-Telefonie interviewt. Meist werde er dann nach den Einkaufsmöglichkeiten vor Ort gefragt – und nach der Internetverbindung, um mit der Familie Kontakt halten zu können. Und die ist eben schlecht.

Auch Sonnen hat der Blick auf den ausländischen Arbeitsmarkt geholfen. Aktuell arbeiten drei Polen in seiner Küche, für ihn eine sehr gute Lösung. Flüchtlinge einzustellen käme für ihn auch in Frage, „wenn die bürokratischen Hürden denn zu nehmen sind“. Sein Stamm-Personal hat er glücklicherweise von seinen Eltern „geerbt“ – wie den Koch, der schon 25 Jahre dort mitarbeitet.
 
Schmackhafte Ausbildung
Für Koch-Azubis ist ein namhafter Betrieb wie Rüssels Landhaus ein Schmankerl. Vor allem die mehr als 100 Fernsehauftritte und zahlreichen Buchveröffentlichungen des Spitzenkochs haben ihm bundesweit zur Bekanntheit auch unter jungen Menschen verholfen. So zieht es selbst aus dem hohen Norden oder der Bundeshauptstadt talentierten Nachwuchs nach Naurath. Doch Hotel- und Restaurantfachleute? Hier hat selbst er 2017 keine Auszubildenden gefunden und ist grundsätzlich wenig optimistisch, was die Zukunft dieser Berufe angeht.

Weiler hat aktuell einzig aus dem Förderprogramm MobiPro-EU zwei Spanier in Ausbildung. Er sagt: „Ausbildung ist zu einem Luxusgut geworden.“ Wünschen würde er sich, dass aus weiteren EU-Ländern forciert Auszubildende angeworben würden.

Ein weiterer Ansatz ist es, die Ausbildung in der Branche attraktiver zu gestalten. Von 2000 bis 2006 war Rüssel Präsident der Jeunes Restaurateurs d’Europe, einer Vereinigung junger Spitzenköche in Europa. Eines der Herzensanliegen ist die Nachwuchsförderung, beispielsweise über Wettbewerbe oder Seminarreihen. 2005 war in Koblenz in Kooperation mit dem dortigen Gastronomischen Bildungszentrum und der Julius-Wegeler-Berufsschule ein eigenes Ausbildungsprogramm für Auszubildende der Jeunes-Restaurateurs-Betriebe geschaffen worden. So sollte die hohe Qualität nicht nur in der Praxis, sondern auch in der Berufsschule sichergestellt werden. Der Block-Unterricht wurde um zusätzliche Angebote wie Sprachen, IT-Wissen, Fachvorträge und Exkursionen ergänzt. Seit 2017 gibt es das Programm in Koblenz nicht mehr, sondern mit der „Genuss-Akademie“ ein Pendant in Bad Überkingen.

Für Rüssel eine bedauerliche Entwicklung, sollte doch damit gerade die Rhein-Mosel-Region gestärkt werden. Doch die Lobby aus Baden-Württemberg sei stärker gewesen. Sein Traum wäre es nun, eine Elite-Klasse für Köche in Trier zu etablieren. Elite, das bedeutet für ihn keineswegs ein Abitur als Voraussetzung, sondern Leistung durch Motivation. Für einen Studienabbrecher könne dies ebenso in Frage kommen wie für einen Hauptschüler.

Extras für Gastro-Azubis
Was es seit dem Sommer 2017 in Trier bereits gibt, ist eine Zusatzqualifikation im Hotelmanagement. Die Berufsbildende Schule für Ernährung, Hauswirtschaft und Sozialpflege (EHS) hat eine Extraklasse für leistungsstarke Hotelfachfrauen und -männer eingerichtet, die sich zusätzliches Wissen in Recht, Fremdsprachen und Management aneignen. So sollen besonders begabte junge Menschen für die Branche gewonnen werden.
Um die Betriebe bei der Azubi-Suche zu unterstützen, organisiert die IHK Trier unter anderem Ausbildungsmessen und Berufsinformationskampagnen wie durchstarter.de. Das Siegel „Hervorragender Ausbildungsbetrieb“ wird an besonders gute Unternehmen in der Hotellerie und Gastronomie vergeben, um deren Leistung herauszustellen und damit die Attraktivität der Branche aufzuzeigen. Auszubildende gehen als Ausbildungsbotschafter in Schulen und berichten dort von ihrer Arbeit – auch ein stückweit Aufklärungsarbeit. Außerdem bringt die IHK Betriebe und Berufsschulen der Branche an einem Runden Tisch zusammen, um die Ausbildung weiter zu verbessern.

Feuer muss lodern
„Wir haben zahlreiche tolle Betriebe, die viel bewegen, aber ohne die richtigen Rahmenbedingungen hat es die Branche einfach schwer“, fasst Ehses zusammen. Gerade in Familienbetrieben sind die Menschen mit Herzblut bei der Sache und hätten mehr Unterstützung verdient. „Ich danke es meinen Eltern sehr, dass sie mir einen so tollen Betrieb hinterlassen haben“, sagt zum Beispiel Sonnen. „Ich freue mich, ihnen etwas Gutes tun zu können, indem ich ihre Arbeit fortführe – und es macht einfach Spaß!“ Da ist sie wieder, die Begeisterung, die das Feuer am Lodern hält.

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